Star-Ökonom Hans-Werner Sinn zu Gast bei den Wirtschaftsjunioren Passau

Passau. Für die diesjährige Highlight-Veranstaltung der Passauer Wirtschaftsjunioren ist es gelungen, den emeritierten Präsidenten des ifo Instituts und Professor der Ludwig-Maximilians-Universität München, Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Hans-Werner Sinn nach Passau zu holen. Vor über 500 Gästen im Audimax der Uni Passau sprach Sinn über die Entwicklung der Weltwirtschaft, die Situation in Europa und warum Deutschland dringend auf eine Änderung des EU-Vertrags hinwirken sollte.

Eine leicht positive Stimmung sieht Sinn bei der gegenwärtigen Weltwirtschaft, „die dunklen Wolken haben sich verzogen“ wenn man China und die Unsicherheit beim Ölpreis einmal ausnimmt. An diesem Trend wird sich auch nach dem Wahlsieg von Donald Trump in den USA erstmal nichts verändern, auch wenn Sinn in dem „erdrutschartigen und unerwarteten Sieg“ Trumps eine große Herausforderung sieht.

Die Ursachen für den Erfolg des Republikaners führt Sinn anschaulich auf den über Jahrzehnte angestauten Frust der weißen Unter- und Mittelschicht zurück. Nicht aktuelle Krisen seien der Grund, sondern vielmehr die Folgen der Globalisierung, die die Löhne in den letzten 30 Jahren nicht steigen ließ. Deutschland tue gut daran, Herrn Trump endlich zur Kenntnis zu nehmen, so Sinn, zumal die USA nach wie vor das wichtigste Exportland Deutschlands sind.

Der deutschen Wirtschaft geht es seit 2010 wieder gut. Ein ordentliches Wirtschaftswachstum sorgt Jahr für Jahr für einen weiteren Aufschwung und schafft mehr und mehr Arbeitsplätze. Das gilt auch für 2017, so die aktuelle Prognose vom ifo Institut, auch wenn das Wirtschaftswachstum mit 1,6% voraussichtlich um etwa 0,3 Prozentpunkte kleiner ausfallen wird, als noch in diesem Jahr.

Ganz anders beurteilt Sinn den Brexit und die politische und öffentliche Wahrnehmung zum möglichen Ausscheiden Großbritanniens aus der EU. Mit den Briten verlassen auch rund 18% des Bruttoinlandsprodukts die EU - das ist die Dimension, „als würden die 20 kleinsten der 28 Mitgliedsländer zur gleichen Zeit austreten“, verdeutlichte Sinn die Dimension des Ausstiegs. „Nichts in Europa wäre dann wohl wie vorher“.

Das größte Problem am Brexit ist für Sinn aber nicht ein wirtschaftliches. Durch den Austritt geht das Stimmungleichgewicht innerhalb der EU ins Wanken. Der „Club-Med“ mit den Mittelmeerstaaten gewinnt die Oberhand und der Gegenpart mit Deutschland verliert sogar seine Sperrminorität und damit verbunden massiv an Einfluss. Wenn man dem nicht tatenlos zusehen möchte, sei jetzt die Zeit gekommen, aus deutscher Sicht eine Änderung der EU-Verträge anzustoßen. „Eisen muss man schmieden, solange es heiß ist. Diese Zeit ist jetzt“, so Hans-Werner Sinn.

Viel Hoffnung auf eine positive Veränderung konnte Sinn den Anwesenden allerdings nicht geben, wie auch Fabian Erbersdobler, Vorsitzender der Wirtschaftsjunioren Passau, am Ende des Vortrags konstatierte. Es bräuchte mehr mutige Persönlichkeiten, die nicht zuerst an ihre eigene Karriere denken und unbequeme Standpunkte auch einmal durchhalten. Standpunkte wie sie von Hans-Werner Sinn an diesem Abend für jedermann verständlich zu hören waren, wie Christian Schuller, Organisator der Veranstaltung, in seinem Dank ausführte.

 

Über Hans-Werner Sinn:

Hans-Werner Sinn, Jahrgang 1948, zählt zu den bekanntesten Ökonomen Deutschlands. Er studierte Volkswirtschaftslehre an der Wilhelms-Universität in Münster. 1978 folgte die Promotion und 1983 die Habilitation an der Universität Mannheim. Von 1984 bis 2016 war er Professor für Nationalökonomie und Finanzwissenschaft an der Ludwig-Maximilians-Universität in München. Von 1999 bis 2016 war Sinn Präsident des ifo Instituts, stand als Direktor dem Center for Economic Studies (CES) der Ludwig-Maximilian-Universität (LMU) vor und war Geschäftsführer der CESifo GmbH, eine gemeinsame Initiative der LMU und des ifo Instituts. Seit 1989 ist Hans-Werner Sinn im Wissenschaftlichen Beirat beim Bundeswirtschaftsministerium tätig und war von 2006 bis 2009 Präsident des International Institute of Public Finance, des Weltverbandes der Finanzwissenschaftler.